Kadelbach, Stefan: Allgemeines Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluß
In der Diskussion um eine Europäisierung des Verwaltungsrechts wird das nationale Verwaltungsrecht oft wegen seiner dogmatischen Differenziertheit und vermeintlichen Überlegenheit gegen europarechtliche Einflüsse verteidigt. Kadelbach zeigt, dass beim Vollzug von Gemeinschaftsrecht beiden Seiten Rechnung getragen werden muss. Kadelbach unterscheidet zwischen auf Rechtssetzung und auf Rechtsprechung beruhenden Einflüssen. Er entwickelt die These, daß sich das nationale öffentliche Recht in einen vom Gemeinschaftsrecht unbeeinflußten und einen europäisierten Bereich teilt. Dieser Annahme geht er rechtsempirisch anhand dreier verwaltungsrechtlicher Teilbereiche nach. - Schon seit geraumer Zeit übt das Recht der Europäischen Gemeinschaft wachsenden Einfluß auf das innerstaatliche Recht aus. Im Verwaltungsrecht ist dieser Vorgang der Internationalisierung eine Besonderheit, weil dieser Bereich besonderen verfassungsrechtlichen Bindungen unterliegt und daher bislang heteronomen Einflüssen weitgehend verschlossen blieb. Aufgrund der besonderen Wirkungen des Gemeinschaftsrechts sieht sich nun das deutsche Verwaltungsrecht in verschiedener Hinsicht starkem Anpassungsdruck ausgesetzt. Dieser geht teils auf unmittelbar wirksame Normen des Gemeinschaftsrechts, teils auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zurück. Kadelbach unterscheidet dementsprechend in seiner Untersuchung zwischen zwei Arten von Einflüssen: Solche, die auf Rechtsetzung zurückgehen, und solche, die von richterrechtlich herausgebildeten allgemeinen Rechtsgrundsätzen ausgehen. Er vertritt die These, daß sich das nationale öffentliche Recht in eine rein interne, vom Gemeinschaftsrecht unbeeinflußte Sphäre und einen europäisierten Bereich teilt. Dieser Annahme geht er rechtsempirisch anhand dreier ausgewählter Teilbereiche des Allgemeinen Verwaltungsrechts nach: der Rechtsformenlehre, dem subjektiven öffentlichen Recht und der Lehre von Beurteilungsspielraum und Ermessen. Für die Rechtsvergleichung eröffnet sich in dieser europäisierten Sphäre ein neues Betätigungsfeld. - Aus dem Inhalt: 1. Normenkollisionen beim Vollzug des Gemeinschaftsrechts. - 2. Geltungsansprüche des Gemeinschaftsrechts. - 3. Verfassungsrechtliche Legitimation und Grenzen gemeinschaftsrechtlicher Einflüsse auf das deutsche Verwaltungsrecht. - 4. Dogmatische Bedingungen für die Lösung von Kollisionen im Verwaltungsrecht. - 5. Das allgemeine Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluß. XV,560 Seiten, Leinen (Jus Publicum; Band 36/Mohr Siebeck 1999) leichte Lagerspuren