Marschall, Isabelle von: Zwischen Skizze und Gemälde
John Robert Cozens (1752-1797) und das englische Landschaftsaquarell. Die Arbeit beschreibt und erläutert am Beispiel von Cozens den Prozess der Aufwertung des Aquarells in einem Diskurs zwischen Naturwissenschaft und Rezeptionsästhetik. Die Bilder des englischen Malers John Robert Cozens wurden zuletzt auch in Deutschland neben den Zeichnungen seines bekannten Vaters und Lehrers Alexander ausgestellt. John Robert schuf "poetische" Aquarelle nach Skizzen, die vor allem auf seinen Grand Tours von 1776-79 und 1782-83 entstanden. Sie zeichnen sich durch tiefe Horizontlinien, eine starke Betonung des Himmels und oft fast leer scheinende Landschaften aus, die aufgrund des dünnen Wasserfarbenauftrags strahlend wirken. Noch um 1750 war das Aquarell eine Technik zum Kolorieren von Stichen oder das Zeichnen von Skizzen. In der Generation von J.R. Cozens vollzieht sich dann ein Umbruchprozess, innerhalb dessen das Aquarell aufgewertet wird, bis es am Ende bei Turner dem Gemälde gleichgestellt ist. Doch schon die Aquarelle von Cozens, der im 19. Jahrhundert als "Erneuerer der Aquarellmalerei" und "genialer Landschaftsmaler" bezeichnet wird, weisen alle Eigenschaften eines Gemäldes auf: sie sind großformatig, stehen am Ende eines langen Schaffensprozesses, der auf einer Reihe von Vorarbeiten aufbaut und dessen komplexe Technik des Farbauftrags einem Ölgemälde in nichts nachsteht. Die Arbeit beschreibt und erläutert diesen Wandel am Beispiel von Cozens. In seinem Umfeld lässt sich ein auffällig großes Interesse für das Phänomen Licht feststellen. Der semantische Zugang zum Bild wird hier durch eine individuelle Bilderfahrung ersetzt, die durch das Spiel des Lichts auf der Bildoberfläche bestimmt wird. Licht wird zum Vermittler zwischen dem Auge und dem Gesehenen, es ist der auslösende Reiz, der den Betrachter zu Gedankenspielen herausfordert. Cozens' Aquarelle entstanden aus dem Diskurs zwischen Naturwissenschaft und Rezeptionsästhetik. Sie sind in Licht getauchte Stimmungslandschaften, die eine gelenkte, jedoch weitestgehend subjektive Bilderfahrung ermöglichen. 287 Seiten mit 34 Textabb. sowie 8 Farbtafeln, broschiert (Beiträge zur Kunstwissenschaft; Band 83/scaneg Verlag 2005)