
Würger-Donitza, Wolfgang: Grundlegung einer negativen Anthropologie. Band I: Ethik
Kein Weg führt heute mehr an der Feststellung vorbei, dass das große aufklärerische Projekt der Selbsthumanisierung der Gattung gescheitert ist. Die Studie folgt in sechs Kapiteln den Spuren dieses Befundes und widmet sich als transzendentale Reflexion der Besinnung auf die Möglichkeitsbedingungen für einen besseren Ausgang, dem das anthropologische Material an sich nicht widersprochen hätte, der praktische Selbstauslegungsprozess der Gattung in ihrer jüngsten Geschichte hingegen gründlich. Das Buch gliedert sich in sechs Kapitel: I. Die Gewinnung des Gegenstandes und seiner Problematik aus methodischer Perspektive; II. Zugänge zum Gegenstand der Anthropologie; III. Psychoanalyse als Grundlagendisziplinen der Anthropologie; IV. Standortbestimmung und Begründungsversuch; V. Die ethische Grundfrage in der Negativen Anthropologie; VI. Überlegungen zum Scheiter der Anthropogenese. - In ersten Kapitel erfolgt eine Klärung der Zugangsweisen zum Gegenstand und ihrer Problematik. Die prinzipiellen Schwierigkeiten, auf die man dort stößt, zeigen sich dann in verdichteter Form in den speziellen Anthropologien (philosophische, historische etc.) und werden von dort aus in ihren weiterführenden Tendenzen aufgegriffen für das Projekt der Negativen Anthropologie (Kapitel 2). Zur differenzierten Untersuchung der qualitativen Verfassung des Menschen erweist sich die Psychoanalyse als wertvolles Instrument, weshalb im dritten Kapitel der Versuch unternommen wird, sie modellhaft als Grundlagendisziplin für die Anthropologie zu entwickeln. Mit dieser Klärung der methodischen Voraussetzungen findet der Übergang in die konkrete Negativität statt, d. h. Gründe für das selbstverursachte Scheitern einer etwas humaneren Wesensauslegung werden erörtert. Da ist zunächst die Frage nach der Bedeutung der anthropogenetischen Faktoren von Natur und Kultur, für die auch auf die Interpretationen der biologischen Wissenschaften rekurriert wird (Kapitel 4). Im fünften Kapitel wird die für die Betrachtungen der Negativen Anthropologie entscheidende Verbindung aktualisiert, nämlich die zur Ethik, die in der philosophischen Tradition seit vielen Generationen abgerissen war und ohne die eine Diskussion die Humanität der Gattung Mensch betreffend kaum mehr geführt werden kann. Das abschließende 6. Kapitel untersucht im Rückgriff auf psychoanalytische Modelle die Möglichkeitsbedingungen für eine solche Humanisierung der Gattung, die notwendigerweise zusammenfällt mit der Ausbildung ethischer Kompetenzen, und zeigt, in schroffem Kontrast dazu, den Lauf der Dinge in der bitteren Realität. 454 Seiten, broschiert (Königshausen & Neumann 2003)