
Stangneth, Bettina: Kultur der Aufrichtigkeit
Zum systematischen Ort von Kants 'Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft'. Der Gegenstand der Untersuchung ist Kants Schrift 'Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft'. Diese sogenannte "Religionsschrift" hat schon mit ihrem stückweisen Erscheinen seit April 1792 sehr widersprechende Reaktionen ausgelöst. Wo knüpft Kant mit seiner 'Religion' an (an eine bestimmte 'Kritik') und welche Bedeutung kommt dieser Untersuchung für die Philosophie selbst zu? Liegt die Religionsschrift in der Konsequenz des Entwurfs einer kritischen Philosophie oder handelt es sich bloß um eine Gelegenheitsschrift? Das Ziel dieser Untersuchung ist es, mit dem Zugang über die Frage nach der systematischen Standortbestimmung auch die anderen Probleme der Interpretation näherzubringen. Die Arbeit untersucht deshalb den systematischen Ort der Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft. Erst die Fehleinschätzung des systematischen Ortes der Religion und ihrer einzelnen Abschnitte führt zu gravierenden Interpretationsproblemen, denn sie ist gleichbedeutend mit falschen Anforderungen an diese Schrift. Um die Frage nach dem systematischen Ort überhaupt stellen zu können, muss die Religion im Anschluss an das gesamte "Kritische Geschäft" gelesen werden, das heißt nicht in erster Linie aus der Sicht eines einzigen 'Kritik'. Erst aus dieser Sicht gelingt die Rekonstruktion der Religion als ein geschlossenes Ganzes. Es soll gezeigt werden, dass Kant mit seiner Religion das ausgeführt hat, was er als "Kultur der Disziplin" in der Kritik der Urteilskraft auf der Grundlage der beiden ersten Kritiken grundgelegt hat . Es wird sich zeigen, dass Kants Religion nicht nur konsistent und kritisch gerechtfertigt ist, sondern auch einen wichtigen Schlüssel zum Verständnis der Spätschriften - insbesondere zur Rechts- und Staatsphilosophie - liefert, der nicht unterschätzt werden darf, weil er nicht zuletzt das philosophische Selbstverständnis Kants überhaupt betrifft. Es sind gerade diese Konsequenzen, die Kants Reaktion auf das Verbot, sich weiterhin zu dem Thema seiner Religion zu äußern, plausibel machen können. Mit dieser Interpretation bekommt die Religion darüber hinaus eine neue Schlagrichtung. Nicht die Theologie sondern die Gesellschaftstheoretiker des (und nicht nur des) 18. Jahrhunderts sitzen in der ersten Reihe der Anklagebank, so dass sich die Frage nach der Rolle des Christentums als weit unbedeutender darstellen wird, als gängige Kurzfassungen, die Religion sei der Nachweis des Christentums als Religion des Kritizismus, es ahnen lassen. 255 Seiten, broschiert (Epistemata. Reihe Philosophie; Band 251/Königshausen & Neumann 2000) leichte Lagerspuren