Bartal, Israel: Geschichte der Juden im östlichen Europa 1772-1881
Aus dem Englischen von Liliane Granierer. [Mit einem Vorwort von Dan Diner]. Der Autor arbeitet die bestimmenden Tendenzen und Prozesse heraus, die sich in der osteuropäischen jüdischen Gesellschaft von den Teilungen Polens bis zur Welle der Pogrome entfalteten, die Anfang der 1880er Jahre den Süden des Russischen Reiches erfasste. Bartal geht der Transformation einer traditionalen Gemeinschaft nach und entdeckt in ihr die Ursprünge der jüdischen Moderne. - In der Zeit zwischen 1772 bis 1881 lebte die Mehrheit der Juden, verteilt auf hunderte von kleinen Städten und Dörfern, in dem Gebiet zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer. Mit dem Aufkommen des Spätabsolutismus begann eine Epoche tiefgehender Transformation. Sie führte zur Auflösung der traditionellen jüdischen Autonomie und einer forcierten Integration in die nichtjüdische Umwelt, verbunden mit einer Erweckung eines nationalen jüdischen Selbstverständnisses. Diese Phase endet mit den Ausbrüchen russischer Pogrome und einer antisemitisch geprägten Gesetzgebung im Zarenreich. Israel Bartal untersucht diese Transformation einer traditionalen Gemeinschaft und entdeckt in ihr die Ursprünge der jüdischen Moderne. Aus der Einleitung: "Das vorliegende Werk schildert die Geschichte der osteuropäischen Judenheit von den Teilungen Polens im ausgehenden 18. Jahrhundert bis zur Welle der Pogrome, die Anfang der 1880er Jahre den Süden des Russischen Reiches erfasste. [...] In diesem Buch soll das historische Narrativ einer großen, durch ihre Kultur und ihre sozialen Institutionen einzigartigen ethnischen Minderheit präsentiert werden, die sich mit einer zentralisierten Staatsmacht auseinandersetzen musste. Zwar vermochte der Staat die soziale Struktur zu verändern, die die vormoderne jüdische Gesellschaft beibehalten hatte, er konnte aber nicht die ethnische Alterität der Juden aus der Welt schaffen. Diese Andersheit behauptete sich in solchen gesellschaftlichen und kulturellen Sphären, die sich der staatlichen Kontrolle entzogen oder dem Staat gleichgültig waren. Die vormoderne autonome Gemeinde, die der Grundstock des traditionellen gesellschaftlichen jüdischen Lebens in Polen-Litauen war, endete im Zuge der Reformen. Doch nachdem die alten Organisationsformen aufgegeben oder in den staatlichen Verwaltungsapparat integriert worden waren, führten die neuen soziale Strukturen zur Entstehung einer modernen jüdischen Identität". 223 Seiten sowie 8 Tafeln, gebunden (Simon-Dubnow-Institut für Jüdische Geschichte und Kultur/Vandenhoeck & Ruprecht 2010) leichte Lagerspuren