
Zschoch, Hellmut: Reformatorische Existenz und konfessionelle Identität
Urbanus Rhegius als evangelischer Theologe in den Jahren 1520 bis 1530. Am Beispiel des Urbanus Rhegius (1489-1541) untersucht Zschoch die Reformationsgeschichte in ihrer Verflechtung von theologischem Denken, kirchlicher Praxis und sozialen Gegebenheiten. Der Verfasser widmet sich Leben und Werk des reformatorischen Theologen in der Zeit von 1520 bis 1530, als dieser in Augsburg und im oberdeutschen Raum tätig war. Er stellt seine Schriften aus dieser Periode dar und interpretiert sie in ihrem geschichtlichen Zusammenhang. An der Gestalt des Theologen Rhegius zeigt sich, wie sich in den Konflikten der frühen Reformationszeit das Bewußtsein eines "evangelischen" Christentums herausgebildet und behauptet hat. Theologie- und frömmigkeitsgeschichtliche Aspekte werden im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen und kirchlichen Problem- und Konfliktkonstellationen dargestellt. Dieser Ansatz bietet einen historisch-biographischen Zugang zu der Frage nach der Bildung des reformatorischen Christentums bzw. nach der Genese der Konfessionalisierung des Christentums überhaupt. - Aus der Einleitung: »Es sind ja gerade die Theologen aus der "zweiten Reihe" gewesen, die die Reformation zu einer breitenwirksamen kirchlichen und gesellschaftlichen erneuerungsbewegung gemacht haben. Gerade indem sie reformatorische Theologie "rezipierten" und "reproduzierten", bestimmten sie den Kurs der Reformation entscheidend mit. In diesem Kontext betrachte ich Urbanus Rhegius als einen Theologen, der auf die Herausforderungen seiner Zeit reagiert hat und zum Gestalter eines erneuerten christlichen Bewußtseins und einer reformatorischen Frömmigkeit geworden ist - oder es zumindest werden wollte. Es geht also nicht um seine Theologie im Sinne eines dogmatischen Systems, und auch nicht in erster Linie um seine theologische Position in Beziehung zu anderen Positionen. Gegenstand des Interesses ist vielmehr seine "reformatorische Existenz", d. h. die Verbindung von Biographie, Theologie und geschichtlicher Situation. [...] Grundlage für die Darstellung des Theologen Rhegius ist seine Publizistik; dazu kommen noch einige Briefe und andere handschriftlich erhaltene Texte. [...] Die beiden Stichworte "reformatorische Existenz" und "konfessionelle Identität" weisen darauf hin, was bei der Betrachtung des Theologen Urbanus Rhegius zusammengehört: die Notwendigkeit, eine theologische Grundeinsicht im Blick auf die Herausforderungen der eigenen geschichtlichen Situation zu bewähren, und das identitätsstiftende festhalten an der Wahrheit der eigenen theologischen Erkenntnis im Konkurrenzkampf gegensätzlicher Konzepte des Christlichen. So läßt sich, wie ich hoffe, das folgende lesen als exemplarische Einführung in die Geschichte der Aufbruchsjahre der Reformation und ihrer Theologie, aber auch als historischer Beitrag zur Frage nach der Identität und der inneren Einheit des reformatorisch-evangelischen Christentums«. X,390 Seiten, Leinen (Beiträge zur historischen Theologie; Band 88/Mohr Siebeck 1995) leichte Lagerspuren