Gedächtnis und Gewalt
Nationale und transnationale Erinnerungsräume im östlichen Europa. Hrsg. von Kerstin Schoor und Stefanie Schüler-Springorum. Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes untersuchen in 16 Beiträgen historische, literarische und kulturelle Formen der Bearbeitung der gewaltvollen europäischen Vergangenheit des 20. und 21. Jahrhunderts. Aus unterschiedlichen Perspektiven wird dabei deutlich, in welcher Weise und mit welcher Absicht die Bilder nationaler Vergangenheiten im Licht der gegenwärtigen Entwicklungen zu- und miteinander in Beziehung gesetzt werden. Im Blick auf die Gewalterfahrungen und die Flucht- und Vertreibungsbewegungen im östlichen Europa geht es den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Deutschland, Polen und Frankreich dabei im Kern auch um die Frage nach der Legitimität und ethischen Stabilität einer europäischen Gemeinschaft, deren Grundlage Gewalt und Vernichtungsgeschehen sind. Aus dem Inhalt: Birgit Schwelung: Identität - Differenz - Ähnlichkeit. Überlegungen zu Konzepten der Vermessung des europäischen Erinnerungsraums. - Claus-Dieter Krohn: Europa-Diskurse deutscher Exilanten nach 1933. - Jan C. Joerden: Aufarbeitung von staatlichem Unrecht durch Strafgerichte oder Wahrheitskommissionen? - Christian Dietrich: Die Erfahrung in Stalingrad und das friedliche Kriegsende. Das Narrativ von der Lehre aus der Vergangenheit in Rudolf Petershagens autobiografischem Roman "Gewissen in Aufruhr". - Irmela von der Lühe: Die Gewalt der Zerstörung und die Poesie der Erinnerung. Józef Wittlins "Mein Lemberg" (1946). - Daniel Hoffmann: »Mann und Roß und Wagen hat sie der Herr geschlagen«. Jüdische Liturgie in Auschwitz. - Andree Michaelis: Aus dem Holocaust eine europäische Kultur. Verfolgung, Exil und Katharsis bei Imre Kertész. - Svetlana Burmistr: Der »Große Vaterländische Krieg« fernab vom Heldenmythos. "Der Krieg hat kein weibliches Gesicht" von Swetlana Alexijewitsch als Gegenposition zur sowjetischen Erinnerungspolitik. - Jerzy Kalazny: Eine »sadistisch-pornografische Vision« oder eine »bittere Komödie über Trauma«? Zum Roman "Noc zywych Zydów" von Igor Ostachowicz. - Werner Benecke: Ausgewiesen ins Niemandsland. Die NS-»Polenaktion« des Jahres 1938 im europäischen Kontext. - Marek Kucia: Die Symbolhaftigkeit von Auschwitz in der polnischen Erinnerungskultur von 1945 bis heute. - Walter Schmitz: Theresienstadt / Terezín. Die Barockstadt als Erinnerungsort des Holocaust. - Grzegorz Rossolinski-Liebe: Die antijüdische Massengewalt ukrainischer Nationalisten in der antikommunistischen, deutschen, jüdischen, polnischen, ukrainischen und sowjetischen Historiografie. - Delphine Bechtel: Gedenken und Gewalt im heutigen L'viv. Selektive Erinnerung, Revisionismus, Alltagsfaschismus. - Frauke Wetzel: Kein Raum für Menschen zweier Kulturen. Das Beispiel Ústí nad Labem nach 1945. - Wolf Kaiser: Kooperation und Dissens. Gedenkstätten in Europa. 287 Seiten mit 9 Abb., gebunden (Wallstein Verlag 2016)