Wiederentdeckt
Zeugnisse aus dem Konzentrationslager Holzen. Begleitband zur Wanderausstellung. Hrsg. im Auftrag der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora von Jens-Christian Wagner. Übersetzungen von Karola Bartsch, Agnès Triebel und Laurence Wuillemin. Der Begleitband zur Ausstellung "Wiederentdeckt" dokumentiert einen ungewöhnlichen Quellenfund aus Celle: 200 Häftlingsporträts und Aufzeichnungen aus dem Kommando "Hecht", einem Außenlager des KZ Buchenwald bei Holzen im Weserbergland. Die Porträts hat Camille Delétang gezeichnet, den die SS 1944 als Résistance-Kämpfer nach Holzen verschleppte. Er überlebte den Krieg. Während der Todesmärsche im April 1945 gingen die Dokumente verloren, im Sommer 2012 tauchten sie völlig überraschend wieder auf. Es handelt sich beim Fund von Celle um zwei Quellenkonvolute, die unabhängig von einander entstanden sind. Der größte Teil des Fundes besteht aus 150 Zeichnungen, darunter 130 Häftlingsporträts, die Camille Delétang zwischen September 1944 und März 1945 im Außenlager des KZ Buchenwald anfertigte. Die handschriftlichen Aufzeichnungen aus dem Krankenrevier, darunter ein Tagebuch, stammen von seinem Landsmann Armand Roux, der ebenso überlebte. Im April 1945 ließ die SS das Lager in Holzen räumen. Delétang übergab seine Zeichnungen an Roux, der sie mit seinen Aufzeichnungen in einem Beutel versteckte. Am 8. April geriet der Transport in Celle in einen Luftangriff, dem eine Hetzjagd der Bevölkerung auf die Häftlinge folgte. Dabei verlor Roux den Beutel. Noch am gleichen Tag fand eine Anwohnerin die Zeichnungen und Dokumente in ihrem Garten. Ihre Familie übergab sie 67 Jahre später der Gedenkstätte Mittelbau-Dora. Mit den aufgetauchten Zeichnungen ist die Sammlung der in Holzen gezeichneten Delétang-Werke wieder komplett, und sie werden gemeinsam in der Wanderausstellung "Wiederentdeckt" der Öffentlichkeit präsentiert. Der einzigartige Quellenfund ruft nicht nur auf eindringliche Weise ein fast vergessenes Lager und dessen Insassen in Erinnerung, sondern, weil die Geschichte der Quellen selbst, ihrer Entstehung und ihres Verlustes ein erschütterndes Zeugnis für die dramatischen Geschehnisse während der Lagerräumungen, der Todesmärsche und der Massaker an KZ- Häftlingen im April 1945 ist. Fünf Beiträge geben Kontext. Aus dem Inhalt der Essays: Jens-Christian Wagner: Die Zeugnisse von Holzen. Geschichte eines Quellenfundes. - Manfred Grieger: Das KZ-Außenlager "Hecht" in Holzen bei Eschershausen. - Bernhard Strebet: Verlustreiches Ende. Die endgültige Räumung des Außenlagers Holzen im April 1945. - Detlef Hoffmann: Porträtzeichnungen aus Konzentrationslagern. - Hilko Linnemann: Der Hils Heute. Zur lokalen Auseinandersetzung mit der KZ-Geschichte. 219 Seiten mit 175 meist farbigen Abb., broschiert (Wallstein Verlag 2013)