Perspektive - Medium - Macht
Zur kulturellen Codierung neuzeitlicher Geschlechterdispositionen. Hrsg. von Ann-Kristin Düber und Falko Schnicke. Der interdisziplinär angelegte Band untersucht die Mehrdimensionalität von Geschlechterdispositionen und liest ihre kulturellen Codierungen als Teil eines (über-)individuellen, nur mäßig bewussten, aber gerade dadurch ausgesprochen wirkmächtigen Hierarchiesystems, das zur Herstellung sexueller, politischer, moralischer und sozialer Machtverhältnisse beiträgt. Kulturelle Codierungen bestehen in einem Inventar von zugänglichen, expliziten Regeln und Wahrnehmungsvorgaben sowie verdeckten, impliziten Bewertungen, deren empirische Spannbreite von den elf Beiträgen, von denen einer in englischer Sprache vorliegt, in verschiedenen Sach- und Zeitkontexten untersucht wird. Ausgegangen wird dabei von einem umfassenden Kulturbegriff, der neben ästhetischen Produktionen auch gesellschaftliche und politische Dimensionen mit einbezieht. Im Begriff der Perspektive ist dabei eine Mehrdimensionalität angelegt, in der sich unterschiedliche methodisch-konzeptionelle Sichtweisen auf Geschlecht realisieren. Mit dem Begriff des Mediums sind die Orte der Konstitution von Geschlecht thematisiert; etwa Literatur, Kunst und Film. Der Begriff der Macht rekurriert auf jene Interessen, die soziale Realitäten und Erinnerungsräume schaffen, auf Medien zurückwirken und Perspektiven beeinflussen. Die Beiträge, die neuzeitliche Geschlechterdispositionen exemplarisch von der Renaissance bis zur Gegenwart aufgreifen, stammen von Vertreter/innen der Cultural Studies, Geschichtswissenschaft, Germanistik, Anglistik, Kunstgeschichte und Filmwissenschaft. Aus dem Inhalt: A.-K. Düber/F. Schnicke: Perspektive - Medium - Macht. Aspekte kultureller Codierungen von Geschlecht - I. Systematisch-empirische Perspektiven auf Geschlecht: F. Schnicke: Doppelstruktur des Hegemonialen. Intersektionale Perspektiven auf die historiographische Differenzproduktion des 19. Jahrhunderts. - S. Kornher: Handwerkswissen als Engenderingpraxis. Friseurarbeit in kultur- und wissensgeschichtlicher Perspektive. - M. von Bargen: Anna Siemsen. Eine Europäerin der 'ersten Stunde'. Zur Marginalisierung der Europa-Politikerin und ihrer Konzepte. - II. Mediale Dimensionen von Geschlechterverhältnissen: M. S. Marotzki: Volupta und dispiacere. Gender-Aspekte in Leonardo da Vincis Zeichnung "Aristoteles und Phyllis". - R. U. von der Lippe: Deutsche 'Kulturretterinnen'. Literarische und visuelle Inszenierungen kolonialer Weiblichkeit. - A.-K. Düber: Verstellte Figuren. Camouflage und Maskerade als Konstitutionsstrategien geschlechtlicher Identitäten bei Annemarie Schwarzenbach. - E.-M. Silies: "Männer würden nie die Pille nehmen". Mediale Debatten der 1960er Jahre um Geschlechterrollen in der Bundesrepublik. - N. A.-Poku: White Issues. Italian Vogue's "All Black" Issue and the Visual Imaginary. - III. Macht als Konstante in Geschlechterdispositionen: C. Dittloff: Der Machtaspekt in Sarah Kanes "Blasted". Zur Universalität und Funktion männlich-sexueller Gewalt. - J. Stegmann: Harte Jungs mit Glatzen? Neo-nazistische Männlichkeit in ausgewählten Spielfilmen der Gegenwart. - C. Klein: "Am Ende ist Politik doch nichts für Frauen". Beobachtungen zum Verhältnis von Geschlecht und politischer Macht in deutschen Gegenwartsromanen. 261 Seiten mit 19 Abb., broschiert (Königshausen & Neumann 2010) leichte Lagerspuren