Bodor, Ádám: Die Vögel von Verhovina
Variationen über letzte Tage. Roman. Aus dem Ungarischen von Timea Tankó. Mit einem Nachwort von János Szegö. In einer düsteren, magisch-realistischen Atmosphäre an einem armseligen Ort irgendwo in Transsylvanien verknüpft der Roman brutale Schicksale mit kleinen Liebesgeschichten rund um die manchmal zum Grotesken tendierenden Figuren. - Ádám Bodors Welten sind an den Rändern der Zivilisation verortet, im Dämmerlicht ihres Niedergangs. Bodor, ein Meister der Verquickung von Realem und Imaginären, führt uns in diesen exakt komponierten Variationen über letzte Tage an einen nicht näher bestimmten ehemaligen Kurort irgendwo in Transsilvanien: zeitlich verortet zwischen tiefer Vergangenheit und Gegenwart, eingebettet in eine wuchtige, magisch aufgeladene Natur.Adam, der Pflegesohn von Brigadier Anatol Korkodus, wartet am verfallenen Bahnhof auf einen Jungen aus einer Besserungsanstalt. Kurz darauf wird Korkodus aus unerfindlichen Gründen verhaftet. Was dahinter steckt, verbirgt sich im Unfassbaren, Geheimnisvollen. Es berührt aber zugleich wirkungsmächtig alles Geschehen: Die Vögel - unbestechlich im Lesen drohender Signale - sind bereits fort. Die äußerst unterschiedlichen Bewohner der Ortschaft aber halten mit rauen Eigensinn dem Schicksal die Kraft ihrer Würde entgegen. Plötzlich auftauchende Personen, deren Präsenz nichts Gutes verheißt, verschwinden wieder, während die schwefelhaltigen Quellen von Verhovina weiterhin sprudeln, bis sie schließlich ihre Substanz verändern. Ein grotesk-komisches Sinnbild über das Wesen totalitärer Gesellschaften in all ihrer Irrationalität, Absurdität und Unerbittlichkeit - das den Leser beides, lachen und schaudern lässt. Lerke von Saalfeld in der F.A.Z: "Was sich hier im namenlosen und stummen Wald abspielt - denn alle Vögel sind längst ausgeflogen -, ist ein bizarres Treffen von verstockten, durchtriebenen, besoffenen, stummen, tauben, widerborstigen jungen Leuten, die alle unter dem Befehl des Brigadiers stehen. Woher der seine Macht nimmt, bleibt offen, man muss gehorchen oder fliegt wieder aus der Einrichtung und wird in die Welt zurückgeschickt. Bodor ist ein Autor, der ähnlich wie der ungarische Schriftsteller László Krasznahorkai eine düstere, verstörte Welt am Rande der Zivilisation erzählt". 302 Seiten mit 11 Abb., gebunden (Secession Verlag für Literatur 2022) leichte Lagerspuren