Literatur im Labor
Von Mark Algee-Hewitt, Sarah Allison, Marissa Gemma, Ryan Heuser, Matthew Jockers, Holst Katsma, Dominique Pestre, Amir Tevel, Hannah Walser, Michael Witmore und Irena Yamboliev unter der Leitung von Franco Moretti. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Bettina Engels und Michael Adrian. Acht Beiträge aus dem "Stanford Literary Lab", in dem die Rechenkapazität des Computers in experimenteller Forschung mit den offenen Fragen der Literaturkritik verbunden, die Geschichte der Literatur mithilfe digitaler Ressourcen untersucht wird. Der Band dokumentiert eines der spannendsten Experimente zeitgenössischer Wissenschaftsgeschichte und ist zugleich ein innovatives Laboratorium neuer Formen der Textanalyse. Aus dem Inhalt: Einleitung: Die vermessene Literatur. - 1. Quantitativer Formalismus. Ein Experiment. - 2. Stil auf der Ebene des Satzes. - 3. »Operationalisieren« oder die Funktion des Messens in der modernen Literaturwissenschaft. - 4. Banksprech. Die Sprache der Weltbank-Jahresberichte, 1946-2012. - 5. Über Absätze. Ebene, Themen und narrative Form. - 6. Kanon/Archiv. Großflächige Dynamiken im literarischen Feld. - 7. Die Gefühle von London. - 8. Muster und Interpretation. - Die Gruppe von Forschern um Franco Moretti hat sich zunächst daran versucht, die Komplexität der traditionellen Formen der Literaturkritik in die Sprache der Informatik zu übersetzen. Um die großen Erzählungen über die Entstehung und die Entwicklung des modernen Romans oder des europäischen Theaters auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen, wurden riesige Korpora von Texten erfasst und analysiert, die viel zu groß sind, als dass ein einzelner Gelehrter sie sich aneignen könnte, wie belesen er auch sein mag. Die Computer sollten so einige der Versprechen einer Makrolektüre einlösen, die Franco Moretti seit den späten 1990er Jahren unter dem Schlagwort des »distant reading« gegeben und gegen das vermeintliche Unvermögen und die Aporien des »close reading« gewendet hatte. Im Zuge der Experimente des Stanford Literary Lab hat sich der Stand der technologischen Innovationen laufend verändert. Das Forscherkollektiv war angetreten, einige ziemlich gewagte Behauptungen über die Geschichte der Literatur zu überprüfen, und musste am Ende die Voraussetzungen in Frage stellen, die den eigenen Hypothesen zugrunde lagen. 268 Seiten mit 127 Abb., broschiert (Konstanz University Press 2017) leichte Lagerspuren