Das Deutsche Reich und der Völkermord an den Armeniern
Hrsg. von Rolf Hosfeld und Christin Pschichholz. 13 Fallstudien fügen sich zu einem differenzierten Bild: sie loten deutsche Verstrickungen und Handlungsspielräume aus und zeigen, wie Zivilbevölkerungen zunehmend zum Ziel militärischer und radikaler bevölkerungspolitischer Maßnahmen wurden. Die Beiträge gliedern sich in vier Themenfelder: 1.: der Völkermord an den Armeniern: Kontext, Entscheidungsprozesse, Diskurse. 2.: Das Kriegsbündnis und der Völkermord: Deutsche Diplomaten und Militärs. 3.: Eine Frage der Menschenrechte: Humanitäre Netzwerke und Widerstand. 4.: Ideologie, Nationbuilding und Genozid: deutsche Perzeptionen ethnischer Gewalt. - Mit 13 Fallstudien und Untersuchungen zu Einzelfragen zeichnet der Band ein komplexes, ambivalentes und widersprüchliches Bild und vermittelt einen breitgefächerten Eindruck der deutschen Handlungsspielräume im Osmanischen Reich. Mit dem Beginn der Armenierverfolgungen, die seit dem Frühjahr 1915 in einen Völkermord mündeten, wurde das Deutsche Reich als Kriegsverbündeter des Osmanischen Reiches in die Ereignisse involviert. Das betraf sowohl Militärs, die Botschaft, konsularisches Personal und andere Deutsche vor Ort als auch die nationalen politischen und militärischen Machtzentren im Deutschen Reich. Wie weit ging die Verstrickung? Gab es eine deutsche Mitverantwortung an diesem Völkermord? Gab es nennenswerten Widerspruch? Die Autorinnen und Autoren stellen dar, wie Zivilbevölkerungen zunehmend zum Ziel militärischer und radikaler bevölkerungspolitischer Maßnahmen wurden. Es gab Befürworter und Gegner. Zusammengefasst lässt sich eine moralfreie Verpflichtung durch eine kriegsbedingte »Realpolitik« diagnostizieren, die nicht ohne Konsequenzen für die deutsche Nachkriegsmentalität blieb. Der Sammelband beruht in weiten Teilen auf Beiträgen zu einer internationalen wissenschaftlichen Tagung, die das Lepsiushaus Potsdam im März 2015 gemeinsam mit dem Deutschen Historischen Museum ausgerichtet hat. Mit Beiträgen von Mark Levene, Ronald Grigor Suny, Taner Akçam, Erik-Jan Zürcher, Thomas Schmutz, Hans-Lukas Kieser, Carl Alexander Krethlow, Isabell V. Hull, Aschot Hayruni, Rolf Hosfeld, Hilmar Kaiser, Christin Pschichholz, Marc Hanisch und Stefan Ihrig. 318 Seiten mit 10 Abb., broschiert (Wallstein Verlag 2017)