
Gerlach, Thomas: Ideologie und Organisation
Arbeitgeberverband und Gewerkschaften in der Schweizer Textilindustrie 1935 bis 1955. Eine Studie zur Logik kollektiven Handelns. Ausgehend von der ökonomischen Theorie kollektiven Handelns und der Kognitionstheorie des Radikalen Konstruktivismus entwickelt diese Studie einen Erklärungsansatz für kollektive Interessenvertretung durch Verbände und soziale Bewegungen. Am konkreten Fall der Entwicklung und der Konflikte von Gewerkschaften und Arbeitgeberverband in der Schweizer Textilindustrie von 1935 bis 1955 werden die Zusammenhänge zwischen Ideologie, Organisation und Interessenvertretung untersucht. In einem ersten, theoretischen Teil analysiert der Autor die Bestimmung von Zielen und Handlungsmöglichkeiten, die Organisationsprozesse und die kollektive Interessenvertretung durch Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände. Dabei verbindet er zwei theoretische Ansätze: die ökonomische Theorie kollektiven Handelns und - um die kognitiven Voraussetzungen rationalen Handelns zu klären - die Kognitionstheorie des Radikalen Konstruktivismus. Im Mittelpunkt des neuentwickelten Erklärungsansatzes steht der Zusammenhang zwischen der von Organisationen angebotenen ideologischen Orientierung und der Mobilisierung von Ressourcen und Mitgliedern. Dieser Ansatz lässt sich auf Gewerkschaften, Verbände und soziale Bewegungen anwenden. Der zweite, historische Teil untersucht die konkreten Prozesse der Ideologiebildung und Ideologievermittlung, der Organisation und der Interessenvertretung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in der Schweizer Textilindustrie. So vermittelte die Gewerkschaft den Arbeitnehmern ab 1942 über offensive Aktionen erfolgreich ein neues Leitbild und erhöhte ihren Organisationsgrad gewaltig. Beim Arbeitgeberverband dagegen behinderte die Idee der Unternehmerfreiheit die kollektive Interessenvertretung. Nicht durch friedliche Verständigung, sondern begleitet von heftigen Konflikten und Streiks wurden unter diesen Bedingungen in den ersten Nachkriegsjahren in der Schweizer Textilindustrie erstmals Tarifverträge abgeschlossen und damit die institutionellen Grundlagen der Sozialpartnerschaft geschaffen. 675 Seiten mit 18 Tabellen, Leinen (Industrielle Welt; Band 55/Klett-Cotta Verlag 1995)