
Berliner Abendblätter
Hrsg. von Heinrich von Kleist. Reprint der Ausgabe Leipzig 1925. Nachwort und Quellenregister von Helmut Sembdner. In der Geschichte des Zeitungswesens sind Kleists "Berliner Abendblätter" eine originelle Erscheinung. In großer Auflage auf schlechtem Papier billig gedruckt und zu niedrigstem Preis ausgegeben - das erste Blatt wurde sogar gratis verteilt - waren sie ihrem Format nach eher ein Flugzettel als eine Tageszeitung zu nennen. Ihr Hauptreiz lag in den Lokalberichten, die man in dieser Form noch nicht kannte. Der Polizeipräsident selbst lieferte aus persönlicher Freundschaft die täglichen Rapporte mit ihren anfangs so erregenden Meldungen von der Mordbrennerbande, die Berlin in Atem hielt; Kleist seinerseits schrieb Reportagen über Unglücksfälle, Luftschifffahrten und sonstige Aktualitäten; in den Theaterartikeln wurde der Bühnenpapst Iffland in witziger Form aufs Korn genommen; lächerliche Briefe und drastische Anekdoten bildeten einen ergötzlichen Leseanreiz. Für ein paar Wochen wurde Kleists Blatt, für das sich selbst der König interessierte, zum Tagesgespräch von Berlin; das Volk stürmte die Ausgabestelle. Bald hatte das Publikum jedoch jedes Interesse verloren. Kleist führte das Blatt, das er mit so großem publizistischen Geschick und unerwartetem Erfolg begonnen hatte, lustlos und ohne inneren Anteil weiter. Noch vor Ende des ersten Quartals musste er den Verleger wechseln. Von da an bestand der Inhalt zu drei Vierteln aus wörtlich nachgedruckten Artikeln und Nachrichten anderer Blätter. Dazwischen findet sich anonym und unauffällig noch immer der eine oder andere Beitrag von seiner Hand; aber die Freunde und Mitarbeiter fehlen nun fast völlig. Für den Neudruck der Abendblätter konnte auf Grund eingehender Untersuchungen die Herkunft fast aller Artikel angegeben werden, wodurch der Überblick über die Originalbeiträge wesentlich erleichtert wird. Literaturhinweise im Register ermöglichen die Orientierung über die von der Forschung bereits veröffentlichten Quellen und Vorlagen. Zur Kennzeichnung der weitreichenden Wirkung der Abendblätter wurden ferner die Nachdrucke und Entgegnungen in anderen zeitgenössischen Blättern aufgeführt. Auch für die Nachrichten, wie Kleist sie unter "Miszellen" oder im "Bülletin der öffentlichen Blätter" sammelte, ist in wesentlichen Fällen die Quelle und Kleists Bearbeitungsweise registriert. 304,34* Seiten, Leinen (Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1959) leichte Lagerspuren